Das Rechenzentrum Ostschweiz (RZO) ist dank Photovoltaik, Abwärmenutzung und ausgereifter Kühlvorrichtung das grünste und energieeffizienteste Rechenzentrum der Schweiz. Das zieht inzwischen Unternehmen aus der gesamten Schweiz an.
«Dieser Käse kann Spuren von Daten enthalten.» Mit diesem markigen Spruch warb das Rechenzentrum Ostschweiz in Gais vor einiger Zeit mit einem Augenzwinkern für seine Dienste. Hintergrund war die räumliche Nähe zur anliegenden Berg-Käserei. Mit dieser verbindet die IT-Experten mehr als nur eine gute Nachbarschaft: Man teilt sich nämlich, und das ist kein PR-Gag, Energie.
Apropos Energie: Ein oft gehörter Vorwurf an Rechenzentren ist, dass sie regelrechte Stromfresser seien. Das RZO in Gais darf sich jedoch «grünstes RZ der Schweiz» nennen. «Wir benötigen den Löwenanteil des Stroms ja nicht für uns selbst, sondern für die IT-Geräte unserer Kunden», sagt RZO-CEO Christoph Baumgärtner. Da der Strom zu beinahe 100 Prozent in Wärme umgesetzt wird, müssen die Geräte mit ausreichend kühler Luft versorgt werden. «Weil bei uns ein spezielles Kühlkonzept zum Einsatz kommt und Gais auf 920 m Höhe liegt, benötigen wir deutlich weniger zusätzlichen Strom für die Kühlung als andere Standorte.»
Rechenzentren müssen Nachhaltigkeit anstreben
Demnach müssen Unternehmen die Stromversorgung ihrer Data Center also besonders vordringlich effizienter und vor allem nachhaltiger gestalten. Denn Nachhaltigkeit ist ein immer wesentlicheres Kriterium bei Geschäftsentscheidungen: Die Kunden bevorzugen mehr denn je Lösungen mit möglichst geringen CO2-Emissionen. Womit wir wieder beim Thema «grünem» Strom aus nachhaltigen oder erneuerbaren Quellen sind.
In Gais ist hier jedoch vieles längst selbstverständlich. So wird im RZO zum Beispiel auch die Abwärme genutzt: «Wir können jährlich 1,5 GWh an die benachbarte Berg-Käserei abgeben, die über ein Nahwärmenetz mit dem Rechenzentrum verbunden ist. Sie kann damit rund 18 Millionen Liter Milch verarbeiten und 1’800 Tonnen Käse herstellen. Dass die ganze Gebäudehülle ausserdem eine Photovoltaik-Anlage ist, rundet das Konzept ab», erläutert Baumgärtner.
Fakt ist: Rechenzentren bilden heute das Rückgrat der weltweiten IT-Infrastruktur. Im Zuge des Datenwachstums sind sie Studien zufolge bereits für rund zwei Prozent des globalen Stromverbrauchs verantwortlich – Tendenz stark steigend.
Bei warmem Wetter wird eine so genannte «adiabatische Kühlung» eingesetzt, die im Aussenluft-Kreislauf zusätzlich Wasser aus einer Regen- und Grundwasseranlage versprüht. Denn: In Gais regnet es durchschnittlich pro Jahr fast 3’000 mm. Da erscheint es nur konsequent, dass dieses Wasser für die Kühlung zum Einsatz kommt. Das RZO ist mit einer Zisterne sowie aktuell zehn Hoval Serve Cool-Geräten, also speziellen Anlagen zur adiabatischen Abluftkühlung ausgestattet.
Effizienz ist im RZO Standard
Ein faszinierender Prozess: In den Geräten wird das gesammelte Regenwasser in der Aussenluft vernebelt und kühlt beim
Verdunsten stark ab. Der Innenluft wird gleichzeitig über jeweils zwei riesige Kreuzstromwärmetauscher die Wärme entzogen. Mit diesem Prozess kann die Temperatur des Rechenzentrums auf konstant 25°C geregelt werden. Das Regenwasser hilft im Winter ausserdem bei der Regulierung der Luftfeuchtigkeit in den Serverräumen.
Überhaupt dreht sich in Gais viel um Effizienz. Diese wird bei Datacentern über den so genannten PUE-Wert dargestellt (Power Usage Effectiveness, also die Energieverbrauchseffektivität). Dieser Faktor kann theoretisch zwischen 1 und unendlich liegen – ein durchschnittlicher Serverraum besitzt einen PUE-Wert zwischen 2.0 und 2.5. Doch was genau sagt das aus? Zunächst, dass im Durchschnitt zwei- bis zweieinhalbmal so viel Strom benötigt wird, wie die IT-Geräte selbst verbrauchen. Der Rest wird hauptsächlich für die Kühlung und für die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) verwendet. «Im RZO beträgt dieser PUE-Wert lediglich 1.15! Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende. Oder anders ausgedrückt: Wenn unser Data Center einmal voll ausgelastet ist, werden wir so viel Strom einsparen können, wie die ganze Gemeinde Gais benötigt.»
Heute versorgt das RZO schon rund 75 Kunden, darunter namhafte Unternehmen wie AR Informatik, Inventx, avaris/IT, MTF Solutions und die Universität St.Gallen. Neu hinzugekommen ist das Amt für Informatik des Kantons Thurgau (AFI). Die EKT Energie AG beispielsweise mietet insgesamt 23 Racks, davon 21 für das AFI in einer sogenannten Rack Lounge und zwei Carrier-Racks. In diesen betreibt die EKT für das AFI sogenannte DWDM-Knoten, um auch für zukünftige Bandbreiten und Kundenbedürfnisse gerüstet zu sein.
Sicherheit ist oberstes Gebot
Das stellt naturgemäss auch extrem hohe Anforderungen an die Sicherheit: «Wir haben tatsächlich ein sehr umfangreiches
Sicherheitsdispositiv. Mit all unseren Massnahmen ist es quasi unmöglich, physisch an Daten heranzukommen», so RZO-CEO Baumgärtner. Dazu gehören mehrschichtige Zutrittskontrollen und Überwachungssysteme rund um die Uhr. Die strikte Einhaltung der Datenschutzbestimmungen der Schweiz sowie der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sorgt zusätzlich für ein Höchstmass an Datensicherheit und Compliance. «Unser Geschäftsmodell besteht ja darin, dass wir einen sicheren Ort mit genügend Strom und Kühlung zur Verfügung stellen und unsere Kunden ihre IT-Geräte selbst betreiben. Somit können sie sich hauptsächlich auf die elektronische Sicherheit konzentrieren.»
über das rzo
Die Rechenzentrum Ostschweiz AG (RZO) mit ihren Datacenter Standorten in Gais (AR) und Gossau (SG) ist ein Unternehmen der St.Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK) sowie der St.Galler Stadtwerke (sgsw). Geschäftsfelder sind die Entwicklung und Umsetzung von zukunftsfähigen IT-Infrastrukturen sowie von sicheren, bedarfsorientierten IT-Gesamtlösungen für die Region. Der futuristische Cube des Rechenzentrums Ostschweiz mitten im Appenzellerland ist in erster Linie ein hochsicherer Datentresor – gleichzeitig aber auch ein riesiges Solar- und Wärmekraftwerk für die Region. Das RZO wurde vom Uptime Institute auf TIER IV Level zertifiziert und erreicht damit den höchsten Verfügbarkeitsstandard von 99,998 Prozent. Das Gebäude ist bis zu jedem einzelnen Rack komplett redundant erschlossen. Mit einer Fläche von 2 x 450 m2 bietet es Platz für 2 × 150 Racks. Eine flächendeckende Photovoltaik-Anlage erzeugt in Eigenregie jährlich 230’000 kWh Strom, die direkt vom Rechenzentrum genutzt werden.